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Die Umkreisenden - Ein Probeneindruck

Klack, Schritt, Schritt, Schritt, Klack. Schritt, Schritt, Schritt, Klack.

In dem Raum, der gar nicht mal so groß ist, durch kahle Steinwände aber wie eine Halle klingt, schallt der Klang der Klanghölzer laut wider. Souleymane und Theresa treffen sich, "klack" machen die Klanghölzer und beide gehen wieder ihrer Wege. Immer im Kreis. Diesmal gehen sie in entgegengesetzte Richtungen. Ihre Schritte sind unterschiedlich groß, mal beschwingter, mal bedächtiger. Klack.

Bevor ich in den Raum gekommen bin, meinte Maike vielsagend zu mir: "Ach, geh einfach mal rein. Wir gucken mal, was dann passiert!" Geprobt wird also nicht nur die Tanz-Performance, sondern auch, wie auf das Publikum reagiert wird.

Ich sage kurz Hallo, setze mich aufs Sofa an der Seite und krame nach meinem Notizheft. Als ich wieder aufblicke, steht Souleyemane vor mir: "Wer bist du?", fragt er und reicht mir die Hand.

"Ich bin Anna. Ich möchte ein bisschen darüber schreiben, was ihr hier macht. Ist das okay?" -

"Ja!", ruft er und geht wieder zurück in den Kreis, in den Rahmen, aus dem er kurz gefallen ist, sich aber gut wieder auffangen konnte.

Von allen im Raum bekommt Souleymane anerkennendes Nicken zugeworfen. Unbeirrt dreht er wieder seine Runden.

Als Publikum bin ich für ihn wohl ein gutes Versuchskaninchen, weil seine Aufmerksamkeit schnell flöten geht wenn er eine "Frau mit gelben Haaren, also blond, helle Haut, braune Augen" sieht. "Das mit den braunen Augen ist gar nicht so wichtig, oder?", ruft Theresa lachend. "Nee, is' nicht wichtig!", bestätigt Souleymane.

Wichtig ist jetzt, dass sich Theresa und Souleymane weiter umkreisen. Zwischendurch macht Theresa einen Luftsprung. Dann macht Souleymane auch Luftsprünge. Er berührt jetzt die Wand, fast verträumt. Theresa macht es ihm nach. Manchmal müssen sie einfach so anfangen zu kichern, aus dem Nichts. Für mich Außenstehende ist gar nicht klar, warum. Den beiden zuzusehen ist ein bisschen so, als würde ich die Nase in ein Geheimnis stecken. Theresa und Souleymane machen auf mich schon einen so vertrauten Eindruck, als würden sich zumindest ihre Seelen schon ewig kennen.

"Jedes Mal, wenn wir proben, lernen wir uns mehr kennen. Das ist eigentlich schon alles, ein riesiges Kennenlernen! Ich entdecke an mir ganz viel, was ich in Souleymane wiederfinde. Eigentlich sind wir uns ziemlich ähnlich", verrät Theresa mir in einer Probenpause. Alles, was Souleymane irgendwie beschäftigt, was in ihm vorgeht, drückt er direkt körperlich aus. "Und so ist das bei mir auch!", lacht Theresa und kehrt wieder zurück in den Kreis. Während Souleymane sich bewegt, ist er selten leise. Meist summt oder singt er irgendwas. In ihrer Performance wird auch gesungen. Immer wenn Theresa eins von Souleymanes Liedern erkennt, greift sie das auf und singt abwechselnd mit ihm.

Die beiden singen aber nicht nur, sondern unterhalten sich auch über das, was sie so mögen, wo sie schon mal waren, vielleicht gerne mal hin möchten. Natürlich alles während sie sich umkreisen. London-Paris-Berlin-Phantasialand! Ins Phantasialand fahren sie bald zusammen, noch mit ein paar anderen DIESE-LIEBE-Leuten und der Wohngruppe von Souleymane. Da freuen sich beide schon sehr drauf.

"Brandenburger Tor im Phantasialand!", fällt Souleymane ein und dann verfallen die zwei wieder in ihr Städte-Sehenswürdigkeiten-Bashing.

"Und Rom, ne?"

"Ja, Rom! Colosseum!"

"Ja, Colosseum, ne?

"Spaghetti."

Ist das schön!, denke ich mir, die verstehen sich mit den einfachsten Worten und machen so simpel so gute Laune! Man möchte mitkreisen und sich einkreisen lassen! Und dann ist das doch irgendwie so ein Raum, wo klar wird, der nur Theresa und Souleymane gehört. Da haben ich und niemand anders was verloren.

"Big Ben - London Bridge - Tower Bridge- Queen- Wer ist die Queen, Souleymane?"

"Chaos!"

"Die Queen ist Chaos? Anarchiiiiie!", und dann ganz leise: "Vergangenheitsfenster."

Ich bin gespannt, was wir im Zukunftsfenster dieser Luftspringer sehen dürfen!

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